Allgemeines

Kurzer Überblick

Das Wort „Diabetes mellitus“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet soviel wie „honigsüßer Durchfluss“. Bereits 100 n.Chr. wurde von ARETAOIS geschrieben: „Der Diabetes ist eine rätselhafte Erkrankung“. Diese Aussage gilt letztendlich auch heute noch, da noch längst nicht alle Fragen der Diabetesentstehung, aber auch vor allem der Entstehung der Folgeerkrankung geklärt sind. 1889 fand Paul Langerhans erstmalig „Inseln“ im Bauchspeicheldrüsengewebe, deren Bedeutung er jedoch noch nicht erkennen konnte.

Mering und Minkowski erzeugten 1889 erstmalig tierexperimentell einen Diabetes mellitus durch Entfernung der Bauchspeicheldrüse. 1921 gelang es den Forschern Banting und Best, Insulin aus Bauchspeicheldrüsengewebe  zu gewinnen und einem Hund zu injizieren. 1922 konnte der erste Diabetiker mit Insulin behandelt werden. 1960 wurde die Struktur des menschlichen Insulins analysiert, 1976 gelang die erste chemische Umwandlung von Schweineinsulin in Humaninsulin und 1979 wurde erstmalig Humaninsulin gentechnologisch vollsynthetisch hergestellt.So genannte "Kunstinsuline" kamen erstmals 1996 als Kurzzeit-Analog-Insulin auf den Markt, 2000 auch als Langzeit-Analog-Insulin.

Die Erkrankung

Als möglicher auslösender Faktor bei entsprechender genetischer Veranlagung wird ein Virusinfekt wie z.B. durch Masern, Mumps- oder Grippeviren angenommen. Dieser Virusinfekt löst eine sogenannte Autoimmunerkrankung aus, bei der der Körper Antikörper (Abwehrstoffe) gegen körpereigenes Gewebe – in diesem Fall u.a. gegen die Inselzellen – bildet. Im Rahmen der fortschreitenden Erkrankung kommt es schließlich zu einer völligen Zerstörung der insulinbildenden Zellen. So lassen sich bei 90% aller frisch entdeckten Typ-1-Diabetiker Antikörper gegen die Inselzellen oder auch gegen das körpereigene Insulin finden. Außerdem hat man bei den Erkrankten spezielle Abwehrzellen sowie Zeichen einer Entzündung im Bauchspeicheldrüsengewebe gefunden.

Erst wenn ca. 80% der β-Zellen zerstört sind, tritt die Erkrankung zum ersten Mal mit ihren typischen Anzeichen in Erscheinung:

  • Quälender Durst
  • Häufiges Wasserlassen
  • Gewichtsabnahme
  • Müdigkeit.

Zwischen Beginn der Erkrankung und Auftreten von Symptomen des Diabetes können Wochen, Monate oder auch Jahre vergehen. Häufig kommt es nach Auftreten der Symptome vorübergehend zu einem vermeintlichen Verschwinden des Diabetes, der Patient befindet sich dann in der Remissionsphase (Erholungsphase). Tatsächlich schreitet aber der Krankheitsprozess fort, bis schließlich alle β-Zellen zerstört sind und kein Eigeninsulin mehr gebildet wird. Da beim Typ-1-Diabetiker also von Anfang an ein echter Insulinmangel bzw. später ein völliges Fehlen von Eigeninsulin vorliegt, muss sofort mit Insulin behandelt werden!

Diagnose

Zur Diagnose einer diabetischen Stoffwechsellage werden im Wesentlichen zwei Laborwerte herangezogen:

  • der Blutzuckerwert
  • der Urinzuckerwert

Der Blutzucker des Stoffwechselgesunden liegt nüchtern unter 110 mg/dl und steigt nach dem Essen auf maximal 140 mg/dl an. Oberhalb eines Nüchternblutzuckers von 110 mg/dl spricht man von einer diabetischen Stoffwechsellage.
Ab einem Blutzucker von ca. 160-180 mg/dl kann die Niere den Zucker nicht mehr vollständig im Blut zurückhalten, so dass mit dem Urin mehr oder weniger größere Mengen Glukose ausgeschieden werden, die im Urin mittels Teststreifen nachgewiesen werden können. Der Blutzuckerwert, ab dem Glukose im Urin erscheint, wird daher oft als "Nierenschwelle" bezeichnet.

Die Diagnose des Typ-1-Diabetes bereitet im Allgemeinen weniger Schwierigkeiten, weil bereits die ausgeprägten Krankheitszeichen zur richtigen Verdachtsdiagnose führen. Der Nachweis erfolgt aufgrund deutlich erhöhter Blutzuckerwerte.
Eine einmalige Bestimmung des Blutzuckers ist nicht ausreichend, wenn nicht weitere eindeutige Zeichen eines entgleisten Diabetes vorliegen, wie

  • Blutzucker im Urin
  • Ketonkörper im Urin
  • typische Symptome (z.B. vermehrter Durst und Wasserlassen, Gewichtsabnahme, Wadenkrämpfe, Sehstörungen,...)

Vererbung

Als Ursache des Typ-1-Diabetes nimmt man heute ein Zusammenwirken von Erbfaktoren, Virusinfekt und einer sogenannten Autoimmunerkrankung an. Der Ort der vererbten Merkmale ist bekannt, sie befinden sich auf dem kurzen Arm des 6er Chromosoms und gehen mit einer Häufung der humanen Leukozytenantigene HLA DR3 und DR4 einher. Nun gibt es aber viele Menschen, die diese Erbinformationen besitzen, ohne jemals an Diabetes zu erkranken.

Der Typ-1-Diabetes mellitus wird mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 3% - 6% von Mutter bzw. Vater auf die nachfolgende Generation vererbt. Sind beide Eltern Typ-1-Diabetiker, steigt das Risiko auf ca. 10% - 25%. Geschwister von diabetischen Kindern haben ein Erkrankungsrisiko von mindestens 10%.

Der Typ-1-Diabetes mellitus ist bis heute nicht heilbar!

Quelle: aus dem Schulungsbuch für Diabetiker von Gerhard-W. Schmeisl